Hm..., da das Thema immer noch offen hier herumgeistert, will ich es mal kurz versuchen:
Ich habe mich zwar noch nicht explizit mit dem Steyr-Motor beschäftigt, aber das Prinzip ist bei allen 4-Taktern gleich. Eigentlich spielt die Reihenfolge, in der man die Ventile einstellt, für die Funktion des Motors keine Rolle. Es geht dabei lediglich um eine Arbeitserleichterung. Wenn man eine bestimmte Reihenfolge einhält braucht man halt nicht so oft an der Kurbelwelle drehen, um für den einzustellenden Zylinder den richtigen
Oberen Totpunkt (OT) zu finden.
Dazu muss man die Funktionsweise eines 4-Takt-Motors (4TM) verstehen. Ein 4TM bzw. ein Zylinder davon dreht für das Abarbeiten der vier Takte 2 volle Umdrehungen (2 x 360 ° = 720 °). Dabei bewegt sich der Kolben zweimal bis zum OT. Beim ersten Mal sind bei Erreichen des OT sowohl Einlaß- als auch Auslaßventil ein wenig geöffnet. Das heißt, das Auslaßventil ist kurz vorm Schließen und das Einlaßventil hat gerad geöffnet. Diese Phase nennt man
Gaswechsel. Nun dreht sich die Welle wieder um 360 °, sprich der Kolben saust einmal runter und wieder hoch, und erreicht den OT zum zweitenmal. Jetzt sind beide Ventile geschlossen und das Gemisch wird gezündet. Beim Benziner per Zündkerze und beim Diesel durch Selbstzündung. Diese Phase nennt man
Arbeitstakt. Die Ventile werden beim
Gaswechsel eingestellt.
Das Knifflige daran ist, den richtigen OT für den einzustellenden Zylinder zu finden. Für den ersten Zylinder ist das noch recht einfach, da auf einer Riemenscheibe oder auf dem Anlasserzahnkranz eine Markierung für den OT ist. Diese ist aber immer nur für den ersten Zylinder und den/die korrespondierenden Zylinder. Da der Steyr-Motor ein 6-Zylinder ist, sind die Zündungen um 120 ° versetzt. 6 x 120 ° = 720 °, da ja der 4TM 2 volle Umdrehungen für die Arbeit braucht.
Da wir ja alle 360 ° 2 Zylinder am OT haben, aber der eine sich im Arbeitstakt befindet und der andere im Gaswechsel, kann nur einer eingestellt werden.
Zum Glück hat der Steyr-Motor eine obenliegende Nockenwelle (engl. OHC = Overhead Cam Shaft). Das bedeutet, man kann an der Stellung der Nocken sehen, in welcher Stellung sich die Ventile und damit auch die Kolben befinden. Liegt die Nockenwelle unten, wird es noch kniffeliger; das lasse ich mal weg.
Nun fängt man mit dem ersten Zylinder an: Man dreht an der Kurbelwelle oder am Anlasserzahnkranz solange, bis sich die Markierung OT auf der Scheibe mit der Markierung am Gehäuse deckt. Kurz an der Nockenwelle nachschauen, ob es der richtige OT ist, sonst noch mal um 360 ° drehen. Jetzt die Fühlerlehre (Einlaß 0,2 mm, Auslaß 0,35 mm) zwischen Ventilstößel und Kipphebel schieben. Die Lehre sollte sich mit leichtem Druck dazwischenschieben lassen. Geht es zu leicht oder läßt sie sich sogar auf und abbewegen, ist das Ventilspiel zu groß. Geht es nur sehr schwer oder gar nicht, ist das Spiel zu gering. -> Einstellen. Wie Kai zuvor bereits treffend sagt, ist ein zu großes Ventilspiel ungefährlicher als ein zu geringes
Jetzt kommt der nächste Zylinder laut Zündreihenfolge (1-5-3-6-2-4), also Zylinder Nr. 5, dran. Dazu muss jetzt die Welle nur um 120 ° weitergedreht werden. Theoretisch könnte man auch einen anderen Zylinder nehmen. Das gibt aber eine elendige Kurbelei.
Meist werden Motoren bei kaltem Motor eingestellt. Es gab aber z. B. von Opel Motoren, da wurden die Ventile bei
laufendem Motor eingestellt. Dabei musste man wirklich im richtigen Augenblick die Fühlerlehre schnell dazwischenschieben.
Noch ein Rat für die, die das noch nie gemacht haben: Laßt Euch das mal von jemandem zeigen, der das kann. Wenn man es einmal verstanden hat, ist es eigentlich recht einfach. Und so oft muss man das ja auch nicht machen.